Beschlüsse der Imamekonferenzen

Die Dritte Europäische Imamekonferenz im Mai 2010 hatte in einem eigenen Arbeitskreis das Thema "Umwelt" im Fokus. Die hier beschlossenen Schwerpunkte lesen sich wie eine Selbstverpflichtung. An dieser kann sich jeder/jede auch selbst im eigenen Handeln prüfen.

„Umweltschutz als Verantwortung für die Schöpfung"

Umweltschutz ist für Muslime nicht nur ein Gebot der Stunde aufgrund der aktuellen dramatischen Situation des Planeten, sondern war stets ein Auftrag unseres Propheten Muhammad (ass.). Er ist Vorbild für einen nachhaltigen, schonenden  und gerechten Umgang mit der Umwelt. Dies zeigt sich durch eine Vielzahl seiner überlieferten Aussprüche zum Thema Schöpfungsverantwortung und Ressourcenschonung (z.B. Hadith: "Wenn das Ende der Weltzeit einen überrascht und man einen Setzling in der Hand hielte mit der Absicht ihn zu pflanzen, dann soll man sich nicht abhalten lassen, dies doch zu tun."), und durch seinen bescheidenen Lebenswandel. 

Muslime müssen aus spirituell begründetem Umweltverständnis und in Wahrnehmung ihrer religiösen Pflicht zur Wahrung der ihnen von Allah anvertrauten Schöpfung ihre Stimmen für Klimagerechtigkeit und Umweltschutz erheben und erkennen, dass es eine Vielfalt religiöser Gründe gibt, aktiv gegen Umweltzerstörung anzukämpfen.

 Im Koran mahnt Allah an vielen Stellen die Menschen zu sorgfältigem und maßvollem Umgang mit den Ressourcen. So heißt es in Sure 7, Vers 31: "Und esst und trinkt, und seid nicht verschwenderisch, denn Er liebt die Verschwender nicht." Und auch in der prophetischen Tradition finden sich viele Aussagen, die sich auf einen vernünftigen Umgang mit der Natur beziehen: "Es gibt keinen Muslim, der einen Baum pflanzt oder Land kultiviert, wovon dann Vogel, Mensch oder Tier sich ernährt, ohne dass ihm dies als ein Akt der Barmherzigkeit angerechnet wird", so ein Ausspruch des Propheten (ass.).

Folgende Punkte geben Orientierung für einen umweltethischen Handlungsrahmen:

-       Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind vielfältig: Verknappung von Ressourcen (z.B. Erdöl, Wasser), Klimawandel, bedrohte Artenvielfalt, Mobilitätsverhalten, Verkehr, Energieverschwendung, mögliche Gefahren aus gentechnisch veränderten Organismen.

-       Trotz der Fülle an aufklärenden und warnenden Quellen zum Thema Umweltgerechtigkeit aus Koran und Sunna, vermissen wir eine adäquate Diskussion und Auseinandersetzung sowie breit angelegte Kampagnenzur Bewusstseinsbildung in Sachen Schöpfungsverantwortung in muslimischen Communities, was dem Problem in angemessener Weise Rechnung tragen würde.

-       Unser Iman, unsere Spiritualität, muss in unserem Handeln sichtbar und wirksam werden. Schöpfungsverantwortungmuss gelebt werden und darf nicht in Worten ohne Taten münden. Wenn es uns Ernst ist mit unserer Verantwortung unseren Mitmenschen und unserem Schöpfer gegenüber, dann ist auch umweltethisches Handeln angesagt.

-       Die Umweltkrisewird von vielen auch alsAusdruck einer spirituellen Kriseverstanden und ist bereits Thema in vielen Religionsgemeinschaften. Die von allen Religionsgemeinschaften wahrgenommene gemeinsame Verantwortung für die Schöpfung bietet eine fruchtbare Basis zu einem gemeinsamen, konstruktiven interreligiösen Handeln in gegenseitiger Wertschätzung und der Erkenntnis, dass wir alle Menschen, egal welcher Konfession, im gleichen Boot sitzen und mit Allahs Hilfe nur gemeinsam der Verantwortung die Schöpfung zu bewahren gerecht werden können. Es liegt an jedem einzelnen von uns, unseren vielleicht bescheidenen aber unverzichtbaren Beitrag zu leisten, um gegen eine weltweite Zerstörung der Natur mit weitreichenden katastrophalen Folgen für die gesamte Menschheit anzugehen

 Aufgabenfelder für die Zukunft:

-       Die Forderung nach verstärktem Umweltbewusstseinin die Community tragen und durch konkrete Aktivitäten eine Sensibilisierungdafür hervorrufen, sowie das Bedürfnis nach Umweltschutz deutlich machen, zum Beispiel:

-       Autofreier Tag der Moschee

-       Aktionstag „Muslime für die Umwelt“ an jedem 1. Freitag im Mai

-       Vernetzung mit NGOsim Umweltschutzbereich

-       Umweltseminarein den Moscheen

-       Einrichtung von Auqaf (fromme Stiftungen)für Umweltschutz/Umweltverantwortung

-       Jeder einzelne und noch so kleine  Beitrag zählt. Veränderungen beginnen beim Einzelnen, aber sie umfassen in der Folge Kleingruppen, Gemeinden und sie können weltweit wirksam werden.  

-       MuslimInnen sind aufgerufen, sich persönlich einzusetzen für die sparsame Verwendung von Rohstoffen und Energie, für den Ausbau erneuerbarer Energien (z.B. Solaranlagen, Photovoltaik), für biologische Landwirtschaft, für Tierschutz, für die Benutzung umweltverträglicher Produkte in Büro, Haushalt, Hausbau, usw.

-       Imame und islamische Einrichtungenkönnen Vorbilder in der Gesellschaftfür eine gelebte spirituelle Schöpfungsverantwortung sein. 

-       Das Thema Schöpfungsverantwortung soll fester Bestandteil im Religionsunterricht und in der  Bildungsarbeit von islamischen Institutionen sein. 

-       Imame sollen sich fachbezogen fortbilden und das Thema religiös begründeter Umweltschutz vertieft in ihre Predigt- und Seelsorgearbeiteinbinden 

-       Eine Gesellschaft, in der Zerstörung und Unrecht herrschen und eine Wirtschaftsweise, die die Ressourcen der Erde ausbeutet und keine Rücksicht auf künftige Generationen nimmt, sind zutiefst ungerecht und widersprechen jeglicher islamischer Ethik. Es gilt,  dieses Bewusstsein in umwelt- und gesellschaftspolitisches Handeln umzusetzen. 

-       Besondere islamische Tage und Aktivitäten(Hadsch, Festtage, Freitagsgebete…) sollen Anlass sein, Schöpfungsverantwortung als wichtigen und durchgängigen Aspekt in Planung und Organisation und Durchführung zu berücksichtigen, wie z.B. Vermeidung von Müllbergen durch Einsatz von Mehrweggeschirr statt Plastikgeschirr, umweltschonender Transport, Einsatz von Recyclingmaterial, etc.