Eheschließung im Islam
EHESCHLIESSUNG im ISLAM
Eine Heirat ist im Islam mit einem Vertragsabschluss zwischen den Ehepartnern verbunden. Dies zeigt schon, dass Zwangsheirat vom Islam scharf abgelehnt wird. Einmal mehr liegt im Wissen über Rechte der Frau im Islam ein Schlüssel, eben diese eingrenzende Traditionen endlich zu überwinden. Daher hier eine umfassende Information über das Thema „Ehevertrag - Nikah“. Selbstverständlich können interessierte Frauen uns vom FORUM MUSLIMISCHE FRAUEN gerne kontaktieren, wenn sie das Thema noch weiter beschäftigt und sie sich dazu austauschen möchten.
Was macht eine islamische Eheschließung (nikah) aus?
Eine Eheschließung ist im Islam ein sehr schlichter Akt. Mann und Frau erklären vor einer theologisch bewanderten und moralisch gefestigten Persönlichkeit und in der Anwesenheit von zumindest zwei Zeugen ihren freien Willen, miteinander die Ehe einzugehen. Es wird empfohlen dies in schriftlicher Form zu tun. Enthalten sein sollte auch die Abmachung über jene Brautgabe (mahr), die für die Frau als Absicherung im durch den Mann ausgelösten Scheidungsfall vorgesehen ist. Dieser Betrag ist nach oben offen und wird nach gegenseitiger Vereinbarung festgesetzt. Fällig würde dieses Geld auch bei Ableben des Ehemannes als sofortige Überbrückungshilfe für die Frau, die ihr noch vor Teilung des Erbes zusteht, ohne dass dies von ihrem Erbteil abgezogen würde.
Auch wenn immer wieder das Wort von einem „Brautpreis“ kursiert: Selbstverständlich darf eine muslimische Frau nicht von ihrer Familie „verkauft“ oder „abgelöst“ werden. Üblich ist eine Morgengabe, die als Geschenk einzig der Ehefrau zusteht. Der Mann ist verpflichtet, seine Frau mit einer solchen Gabe zu bedenken. Sie soll dem Lebensstandard der beiden entsprechen. So ist es auch möglich, eine bescheidene, eher symbolische Morgengabe zu wählen.
Auch wenn in Österreich die Zivilehe vor dem Standesamt die letztlich bindende Form der Eheschließung ist, so ist das islamische Eheversprechen für Muslime weiterhin emotionell wichtig. Für sie ist die feierliche Eheerklärung in muslimischem Rahmen oft die „richtige“ Hochzeit, die auch moralisch als verpflichtend betrachtet wird. Andererseits braucht sich kein Muslim, der ausschließlich standesamtlich geheiratet hat, als „vor Gott unverheiratet“ zu fühlen – dies hätte für den Gläubigen ernste Konsequenzen, denn das Geschlechtsleben soll sich nur innerhalb der Ehe abspielen. Doch enthält die standesamtliche Trauung lediglich die minimalen Anforderungen, die im Islam nötig sind – die durch Zeugen beobachtete und durch eine Autoritätsperson vorgenommene gegenseitige Einwilligung in die Ehe. Die oben geschilderten weiteren Vereinbarungen im vermögensrechtlichen Bereich als Absicherung für die Frau und eventuelle andere Abmachungen, wie sie noch ausführlich dargelegt werden, werden dabei nicht berücksichtigt.
Das erweiterte Service der Islamischen Glaubensgemeinschaft bei der Eheschließung
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich als offizielle religiöse Vertretung der in Österreich lebenden Muslime nimmt islamische Eheschließungen vor. An Dokumenten werden dazu von den Brautleuten Pass, Meldezettel und Geburtsurkunde vorgelegt. Außerdem ist nachzuweisen, dass man unverheiratet ist. Vor der islamischen Eheschließung wird auf dem Standesamt geheiratet. Die Islamische Glaubensgemeinschaft folgt hier dem gleichen Prinzip wie auch die anderen anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich. Die Ehe wird beurkundet und dieses Dokument in Kopie auch in den Aufzeichnungen der IGGiÖ aufbewahrt. In bestimmten Fällen, beispielsweise bei Reisen in manche islamischen Länder, ist diese Urkunde von Wichtigkeit. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch das der Eheschließung vorausgehende klärende Gespräch von Bedeutung ist. Hier ist Gelegenheit, Fragen zur Ehe, wie sie gerade bei bikulturellen oder bireligiösen Partnerschaften auftauchen, ausführlich zu beantworten. Da aber auch unter Muslimen vielfach aus dem Bewusstsein getreten ist, dass zugleich mit dem Ehevertrag wichtige Vereinbarungen getroffen werden können, man gleichermaßen eine feierliche Basis des Zusammenlebens legt, ist die Möglichkeit des Ehevorbereitungsgesprächs auch für muslimische Brautleute von Interesse.
Welche Rechte haben die Eheleute nach islamischer Sicht aneinander?
Dazu gehören gegenseitige Loyalität, Treue, das Bewahren der Intimsphäre des anderen vor der Öffentlichkeit. Der Ehemann ist verpflichtet für den Unterhalt seiner Frau und künftigen Kinder voll und ganz aufzukommen. Maßstab dafür ist das Niveau, das die Frau vor der Heirat gewohnt war, welches mindestens erreicht werden sollte. Eine berufstätige Frau ist mit nichts angehalten, von ihren Einkünften etwas zum Familienauskommen beizusteuern. Auf den Genuss dieses Geldes hat sie alleinigen Anspruch und verwaltet ihr Vermögen nach eigenem Ermessen. Sollte sie doch einen Teil der Haushaltskosten tragen, ist dies eine freiwillige Leistung, die im Scheidungs- oder Todesfall rückforderbar wäre. Im Islam wird der Wert der Familie sehr hoch gehalten und Kinder spielen eine wichtige Rolle. Doch ist Familienplanung möglich, Empfängnisverhütung kann praktiziert werden. Soweit nur einige Aspekte zur Eheführung. Denn dies sei auch nicht verschwiegen: Oft werden Fragen, die damit in Zusammenhang stehen, erst nachträglich an die Islamische Glaubensgemeinschaft herangetragen, wenn es schon gehörig kriselt.
Ausgehend von diesen Erfahrungen und offensichtlichen Bedürfnissen vieler Brautleute, ist in den Blickpunkt gerückt, dass die islamische Eheschließung prinzipiell über die Möglichkeit verfügt, in den Vertrag weitere Vereinbarungen aufzunehmen, die den Charakter der zukünftigen Lebensgemeinschaft näher definieren.
Die so getroffenen Übereinkünfte haben hohes moralisches Gewicht. Daher bietet sich also an, diese bereits bei den Sahaba (den ersten Gefährten des Propheten Muhammad, Friede sei mit ihm) dokumentierte Form einer ausformulierten Ehevereinbarung wieder aufzugreifen. Die spätere Lebensplanung kann dabei im Detail besprochen werden und durch diese Sachlichkeit im Umgang mit Fragen des gemeinsamen Wohnortes, der Kindererziehung, der Berufsziele, usw. möglicherweise auftretendes Konfliktpotential im besten Falle erst gar nicht aufgebaut werden. Selbstverständlich geht es nicht darum „den Teufel an die Wand zu malen“. Ganz im Gegenteil vergewissern sich die Partner jeweils individuell auf ihre Lebensumstände bezogen, gemeinsamer Standpunkte als Vorbereitung in eine partnerschaftliche Zukunft. Der Zugang ist also ein positiv pragmatischer, der um die Verantwortung weiß, die eine Ehe mit sich bringt, von deren Gelingen später oft weitere Personen, etwa gemeinsame Kinder, profitieren.
Zeitgemäßer und individueller Nutzen einer ausgestalteten Ehevereinbarung
Die Islamische Glaubensgemeinschaft setzt so in einem eigenen Projekt einen Schwerpunkt auf die Entwicklung einer zeitgemäßen Begleitung rund um die Eheschließung, die vor allem eine fundierte Beratung über die Möglichkeiten und Vorteile einer erweiterten Ehevereinbarung einschließt. Dabei steht ein Team zur Verfügung, das als ExpertInnen auf den Gebieten der islamischen Theologie, des österreichischen Familienrechts und der Mediation bewandert ist.
Den islamischen Ehevertrag mit neuen Augen zu betrachten und ihn auszuschöpfen, um das Ehepaar in ein sprichwörtlich „gut bestelltes Haus“ hin zu führen, ist ein Weg, wie er im aktuellen muslimischen Diskurs als Weg der dynamischen Betrachtungsweise der eigenen Quellen zunehmend Gewicht erhält. Darum sei dieses Angebot auch in den gedanklichen Rahmen dieses Prozesses zur weiteren Verdeutlichung eingeordnet.
Neue Fragen – neue Antworten: Dynamik im Islam als Gebot im Umgang mit der Moderne
Muslime in Europa sind auf vielfältige Weise angeregt, ihre Religion bewusster zu reflektieren. Im Status der Minderheit ergeben sich neue Perspektiven. Die Diskussion um die Vereinbarkeit von Islam und Europa bringt eine ständige Dialogsituation mit sich, in der scheinbar selbstverständliche Standpunkte auf ihre religiöse Ableitung und Haltbarkeit überprüft werden. Gerade die zweite und dritte Generation gibt sich mit vereinfachenden Erklärungen nicht zufrieden und bohrt zu Recht nach: „Woher kommt „Du heiratest ja doch!“ beim Stichwort Berufsausbildung für Mädchen, wenn der Islam Bildung für beide Geschlechter so groß schreibt?“ Die innermuslimische Diskussion um eine Einordnung von Verhaltensweisen und Normen zwischen Tradition und Religion gewinnt so an Bedeutung. Durch die große Vielfalt der Herkunftsländer von Muslimen ergibt sich einerseits ein gemeinsames Identifikationsmerkmal in der Religion Islam, gleichzeitig wird aber auch die Vielfalt der theologischen Auffassungen und die Dynamik des innermuslimischen Diskurses stärker wahrgenommen.
Der Hintergrund von Zeit, Ort und handelnden Personen, also der gesellschaftliche Background, darf bei der Formulierung islamischer Auslegungen zur Religionspraxis nicht außer Acht gelassen werden. Nicht zuletzt hieraus ergibt sich die zwingende Notwendigkeit, zu den auftretenden Fragen schlüssige Antworten zu finden. Der Islam ist keinesfalls eine statische Religion, sondern muss auf der Basis der Quellen Koran und Sunna und im Ausschöpfen der weiteren Methoden zur Entscheidungsfindung (z.B. Analogieschluss - Qias, freie Meinungsbildung im Gefüge des Islam – Idjtihad) Beweglichkeit zeigen. Zu berücksichtigen sind dabei auch Prinzipien wie jenes der Nützlichkeit – maslaha, die garantieren sollen, dass Regelungen im Dienste der Menschen und der Gesellschaft stehen. Schließlich beweist auch der Grundsatz: „Was nicht verboten ist, ist erlaubt“ Offenheit gegenüber der Aufnahme sinnvoller Gestaltungselemente im Zusammenleben.
Viele Muslime fühlen sich in ihrer Religion stark verwurzelt und haben diese in hohem Grade verinnerlicht. Die dem Islam zugrunde gelegte Ethik und ihre Umsetzung in konkrete Verhaltensweisen bestimmt auch die eigene Einstellung. Geht es nun um eine erfolgreiche Integration in die europäische Mehrheitsbevölkerung, so ist diese auch mit Zahlen belegbare Tatsache (in GB gaben 74% der befragten Muslime an, an ihre Religion stark zu glauben) oft Anlass die Frage nach der Kompatibilität einer Identität als Muslime und zugleich Europäer zu stellen – wohl auch weil der generelle Eindruck gegenüber dem Islam keineswegs dessen Innensicht einer das mündige Denken positiv bewertenden aufgeschlossenen Grundhaltung widerspiegelt. Ganz im Gegenteil herrschen Bilder von Engstirnigkeit, Hegemonialstreben, Gewaltbereitschaft, Demokratieskepsis und Frauenfeindlichkeit vor, wenn in der Außensicht der Islam bewertet wird.
Integrationsarbeit auf dem Boden des Islam
Diese Diskrepanz der Sichtweisen kann das friedliche Zusammenleben stören und den Boden für populistische Ausgrenzungspolitik bilden. Vereinfacht wird diese Tatsache gewiss nicht durch die unleugbaren bestehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme von MigrantInnen oder außereuropäische politische Spannungen, die dieser islamkritischen bis –feindlichen Haltung scheinbar Nahrung geben, weil sie ursächlich mit der Religion Islam in Verbindung gebracht werden. Hier liegt der Kern, warum so häufig zwar von Integration gesprochen wird, letztlich aber Assimilation gemeint ist. Eine positive Eingliederung und bereichernde Aufnahme in die Mehrheitsgesellschaft in Form eines beidseitigen Prozesses wird als unmöglich betrachtet und stattdessen die Forderung nach der völligen Anpassung bis zum Unkenntlichwerden der eigenen Wurzeln erhoben.
Muslime suchen verstärkt die Vereinbarkeit ihres Lebens als praktizierende Gläubige mit den Werten von Demokratie, Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sichtbar zu machen. Dazu bedarf es aber mehr als nur des prinzipiellen Bekenntnisses. Auf der Agenda steht eine an den Muslimen in Europa orientierte Ausgestaltung der praktischen Lebensaspekte. Der Bedarf ist groß, geht es doch um viele Bereiche von der Arbeitswelt bis zu familienrechtlichen Umständen.
Hier ist echte Integrationsarbeit zu leisten, damit islamische Positionen flexibel und zugleich theologisch stichhaltig in die europäische Realität übertragen werden. In Österreich sind die inneren Entwicklungsmöglichkeiten durch die gesetzliche Grundlage besonders ausgeprägt. Denn das Islamgesetz sichert den Anerkennungsstatus und bindet die Muslime ausdrücklich in das gesellschaftspolitische Leben ein. Das Recht auf innere Autonomie, was die Regelung der die Religion unmittelbar betreffenden Anliegen angeht, stimuliert den Diskurs, an die aktuellen Fragen eigenständig heranzugehen.
So ist zu hoffen, dass diese Chance auch zum Wohle aller genützt werden kann. Anstatt die Sorge vor dem Entstehen von „Parallelgesellschaften“ weiter zu züchten, wäre zu zeigen, dass die islamische Religion ein wesentlicher Integrationsfaktor sein kann. Nicht im Kontrast oder Widerspruch zum Islam gelingt ein Bewusstsein, sich in Österreich beheimatet zu fühlen, sondern in Verbindung mit der religiösen Identität. Ein Muslim wird sich zu Hause fühlen, wenn es nicht unterstellend heißt: „Weil du in Österreich bist, darfst du deine Frau nicht schlagen!“, sondern: „Wir sind uns darüber einig: Gewalt gegen Frauen ist verboten – sowohl vor dem österreichischen Gesetz, als auch vor dem Islam.“
Als Baustein auf diesem Weg möchte sich das vorliegende Konzept für die Ausschöpfung der Möglichkeiten einer Ehevereinbarung verstehen, wie sie als Ehevertrag bei der religiösen Eheschließung obligat ist. Muslimen ist damit ein Instrument in die Hand gegeben, selbstbewusst dem oft empfundenen Rechtfertigungsdruck eine eigene Leistung entgegenzusetzen, die ein gerechtes Geschlechterverhältnis auf der Basis von Chancengleichheit und der Anerkennung von Frauenrechten umzusetzen bestrebt ist. Dass diese Werte dem Islam zu eigen sind, zeigt ein Blick in die maßgebliche Quelle des Islam.
Aus dem Koran
"Und zu Seinen Zeichen gehört dies, dass Er Ehepartner für euch erschuf von euch selber, damit ihr Frieden bei ihnen findet, und Er hat Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Hierin sind doch Zeichen für Leute, die nachdenken." (Sura 30:21)
„Und Allah gab euch Gattinnen aus euch selbst, und aus euren Gattinnen machte Er euch Söhne und Enkelkinder, und Er hat euch mit Gutem versorgt. Wollen sie da an Nichtiges glauben und Allahs Huld verleugnen?“ (Sura 16:72)
„"Sie (eure Frauen) sind wie ein Gewand für euch und ihr seid (wie) ein Gewand für sie." (Sura 2:187)
„Und die Gläubigen, Männer und Frauen, sind einer des anderen Freund (wali – bedeutet auch „Vormund“. Mann und Frau tragen also gegenseitige Verantwortung.) Sie gebieten das Rechte und verbieten das Unrechte und verrichten das Gebet und zahlen die Zakat und gehorchen Allah und Seinem Gesandten. Sie – wahrlich, Allah erbarmt sich ihrer. Siehe, Allah ist mächtig und weise. Verheißen hat Allah den Gläubigen, Männern und Frauen, Gärten, durcheilt von Bächen, ewig darin zu verweilen, und schöne Wohnungen in den Gärten von Eden. Aber das Wohlgefallen Allahs ist das größte (Glück). Das ist die große Glückseligkeit!“ (Sura 9:71und 72)
„Und wenn eine Frau von ihrem Gemahl Widerspenstigkeit oder Abwendung befürchtet, so ist es für sie beide kein Vergehen, untereinander Aussöhnung zu schaffen, und die Versöhnung ist besser. Und die Menschen sind dem Geiz verfallen. Wenn ihr aber rechtschaffen und gottesfürchtig seid, so hat Gott Kenntnis von dem, was ihr tut.“ (4/128)
Wozu ein ausführliches Ehevorbereitungsgespräch?
Die gemeinsame Entscheidung, das Leben in Zukunft als Paar gestalten zu wollen, wird in ihrer Tragweite oft erst im Nachhinein ganz erfasst. Oder wie es ein deutsches Sprichwort sagt: „Ehen werden im Himmel geschlossen…“ Wer auf rosaroten Wolken schwebt, für den wären so bodenständige und nüchterne Worte wie „Vertrag“ oder „Vereinbarung“ schon Romantikkiller. Brautkleid und große Feier, Geschenkliste und Hochzeitsreise beherrschen die Gedanken. Da ist die Vorstellung zu schön, der/die andere lese alle Wünsche förmlich von den Augen ab, die Harmonie sei perfekt, als dass ein Bedürfnis laut wird, darum große Worte zu machen. Umso besser! Dann macht es ja auch Freude, das schlichte „Ja“ zueinander bewusster zu feiern und sich vor Augen zu führen, zu was und wem man „Ja“ sagt.
Im Islam ist die Absicht, die Niyya, ein entscheidender Faktor, wann immer der Mensch handelt. Bei einem so zentralen Ereignis wie der eigenen Hochzeit ist es mehr als nahe liegend zu verinnerlichen, wie die gemeinsame Zukunft angegangen werden soll. Da es hier um zwei geht, ist das Fassen der Niyya im Herzen allein besser zu ergänzen durch das Gespräch zu zweit, das auslotet, in wie weit die Zielvorstellungen tatsächlich übereinstimmen.
Bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft möchte man sich Zeit nehmen für die Brautleute. Denn als Weichenstellung für die Zukunft ist es gut, wenn die Partner die Ehe sehr bewusst, eben in voller Gewissheit der damit verbundenen Absicht, eingehen und sich die damit verknüpften Hoffnungen, Wünsche und Vorstellungen gegenseitig anvertrauen.
Da könne es doch nur um Selbstverständlichkeiten gehen? Alles schon besprochen? Auch solche scheinbaren Selbstverständlichkeiten ausdrücklich voreinander zu bestätigen, hat große Bedeutung. Es stärkt das gemeinsame Band. Diese deutlich formulierte Basis kann in späteren Zeiten immer wieder in Erinnerung gerufen werden, wenn einmal Gesprächsbedarf besteht. Die hier angesprochenen Ziele und Vereinbarungen können Konflikten, wie sie in jeder Beziehung einmal auftauchen, die Schärfe nehmen, indem es immer wieder einen starken gemeinsamen Rückzugspunkt gibt.
Wie ist eine Ehevereinbarung inhaltlich aufgebaut?
Zuerst einmal geht es um eine Standortbestimmung des jeweiligen Partners. Damit kann den Brautleuten der familiäre, soziale, kulturelle, gesellschaftliche und religiöse Hintergrund des zukünftigen Ehepartners bewusst werden. Aus diesen persönlichen Umständen lässt sich bereits ableiten, welche Punkte im weiteren Gespräch besondere Relevanz haben. Nun wird gemeinsam ein Leitbild entwickelt, das als Leitfaden Ziele der ehelichen Gemeinschaft ausdrückt. Sie formuliert beispielsweise das Bekenntnis zu einer monogamen Ehe, wie sie im Islam als ideal dargestellt ist und in Österreich als einzige mögliche Eheform gilt, gegenseitige Verantwortung, Unterstützung und Begleitung bei der persönlichen Weiterentwicklung.
Nun können je nach Wunsch der Partner weitere Vereinbarungen festgehalten werden. Hier wird Wert auf die Berücksichtigung der speziellen Situation gelegt, weshalb an dieser Stelle lediglich Hinweise auf mögliche Themen gegeben sind. Das Paar kann sich etwa fragen, ob sie sich sofort Kinder wünschen. Ist die Frau sehr jung und hat beispielsweise ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen, könnte man sich einigen, damit bis dahin zu warten. Auch Vorstellungen von Kindererziehung, Freizeitgestaltung oder nötigem Krisenmanagement könnten angesprochen werden.