"Umwelt im Islam" - Referat von 2005

Beim Thema "Umwelt" bleiben viele grundsätzliche Überlegungen zeitlos. Gleichzeitig spürt man dem Text unten doch an, dass er bereits ca fünfzehn Jahre alt ist. Damals war noch ganz frisch, dass man sich auf ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz geeinigt hatte....

 

 

Umwelt im Islam: Zwischen Nutzbarmachung der Natur und Schutz von Ressourcen

Überlegungen vor dem Hintergrund der Situation der Muslime in Österreich

 

Kurzreferat anlässlich der Tagung

„Visionen zur Entwicklung des österreichischen Grünlandes“

Von Carla Amina Baghajati

 

Die Beziehung zwischen dem Menschen und der Natur wird im Islam auf vielfältige Weise angesprochen. Im Koran, der für die Muslime als dem Propheten Muhammad geoffenbartes Wort Gottes die primäre Quelle ihrer Religion bildet, widmen sich mehr als fünfhundert Stellen direkt Phänomen der Natur. Von den 114 Suren, den „Kapiteln“ des Koran tragen viele Überschriften in sich einen Naturbezug. Tiernamen oder –gruppen finden sich wiederholt: Vieh, Kuh, Spinne, Biene, Elefant und Ameise: „Gott prägt das Gleichnis einer Ameise.“ Aber auch Pflanzen sind anzutreffen: Palmfaser und Feige. Naturerscheinungen bilden Titel: Donner, Erdbeben, Licht. Außerdem ist da die Gruppe der Gestirne: Mond, Sonne, Nachtstern, Sternbilder und der Landschaftstypen: Berg, Höhle, Sanddünen. Endlich Tageszeiten: Zeit, Morgengrauen, Morgenröte, lichter Tag, Nachmittag, Nacht.

 

Charakteristisch ist, dass die Reflexion über die Schöpfung auch als ein Weg betrachtet wird, Gott als Bildner zu begreifen und den eigenen Glauben zu stärken.

„Siehe in der Schöpfung von Himmeln und Erde und in dem Wechsel von Nacht und Tag sind wahrlich Zeichen für die Verständigen. Die da Allahs gedenken im Stehen und Sitzen und Liegen und über die Schöpfung der Himmel und Erde nachdenken: „Unser Herr, du hast dies nicht umsonst erschaffen! ...“ (3:190,191)

„Und Allah sendet vom Himmel Wasser hinab und belebt damit die Erde nach ihrem Absterben. Sieh, darin ist wahrlich ein Zeichen für Leute die zuhören.“ (16:65)

Sehr genau sind demnach die Beschreibungen natürlicher Vorgänge und sehr präzise ist auch der Befehl Gottes an die Menschen: „Wollt ihr nicht nachdenken?“, gerade im Anschluss an Naturschilderungen.

 

Aus der Haltung, die sich hier vermittelt, ist der positive Zugang der Muslime zu den Wissenschaften, speziell den Naturwissenschaften zu erklären, die im orientalischen Raum zu einer frühen und nicht wieder erreichten Blüte fanden, während in Europa noch das „finstere Mittelalter“ regierte. Stellvertretend für die vielen Leistungen sei an die Entdeckung des Blutkreislaufes erinnert, an ganzheitliche medizinische Behandlungsmethoden unter Kenntnis von Anästhesie und vieler bis heute nahezu unveränderter chirurgischer Instrumente, an astronomische Präzisionsgeräte, ohne die ein Kolumbus bei seinen Entdeckungsfahrten nicht ausgekommen wäre, an biologisches Wissen, auf dem Paracelsus fußte. In der Landwirtschaft sind es die ausgeklügelten Bewässerungssysteme, die auf europäischem Boden in Spanien die Bewirtschaftung großer Flächen erst ermöglichten.

 

Doch welchen Stellenwert kommt dem Menschen innerhalb der Schöpfung zu? „Und Er ist es, der euch zu Statthaltern („khalifa“ – auch Erbe, Nachfolger) auf der Erde machte…“ (6:165) Mehrfachgeht der Koran darauf ein,  wie Adam und Eva nach ihrer beider Übertretung von Gottes Gebot im Paradies aufgrund ihrer Reue verziehen wurde und Gott sie auf die Erde als „Statthalter“ entsandte. Demnach ist im Islam der Begriff der Erbsünde ebenso unbekannt, wie ein alleiniges zur Last legen Evas. Auf der Erde ist den Menschen der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung aufgetragen. Der Mensch ist zwar berechtigt, die Natur zu seinem Besten zu gebrauchen, doch soll er dabei das rechte Maß einhalten. Seine Aufgabe ist daher eher die eines Sachwalters. „Seht ihr denn nicht, dass euch  Allah alles in den Himmeln und auf Erden dienstbar machte und Seine Gnade über euch ausgoss, sichtbar und unsichtbar…?“ (31:20)

„O ihr Kinder Adams! Zieht euch für jede Gebetsstätte schön an und esst und trinkt, aber überschreitet dabei das Maß nicht. Siehe, Er liebt die Ausschweifenden nicht.“ (8:31) 

 

Dass der Mensch seinen Aufgaben oft nicht gewachsen ist und als „Unheilstifter“ auftritt, ist nicht nur eine Tatsache, die die Engel bei der Erschaffung des Menschen ansprechen, indem sie ihre Befürchtungen für die Zukunft vor Gott bringe: „ Und als dein Herr zu den Engeln sprach: Siehe, ich will auf der Erde für Mich einen Sachwalter einsetzen“, da sagten sie: Willst Du auf ihr einen einsetzen, der auf ihr Verderben anrichtet und Blut vergießt? Wir verkünden doch Dein Lob und rühmen Dich. Er sprach: Siehe, ich weiß, was ihr nicht wisst.““(2:30)

 

Wie ungenügend der Mensch oft handelt, spiegelt sich besonders deutlich in dem Zeugnis, das ihm in 33:72 ausgesprochen wird: „Siehe, Wir boten die Verantwortung („amana“ – die Ausübung von freiem Willen und Verstand) den Himmeln und der Erde und den Bergen an, doch weigerten sie sich, sie zu tragen und schreckten davor zurück. Der Mensch lud sie sich jedoch auf; denn er überschätzt sich und ist eingebildet.“

 

So wird dem Menschen zwar einerseits als „Khalifa“, als Statthalter, ein besonderer Status zuerkannt, gleichzeitig aber auch eindringlich vor Überheblichkeit und Zerstörung des natürlichen Gleichgewichts gewarnt. Denn so wie sich Wasser, Luft, Erde, belebte und unbelebte Natur, Tier- und Pflanzenreich aufeinander beziehen, wird im Koran ein Kreislauf des Lebens wiedergegeben, bei dem Eingriffe negative Folgen für das gesamte System zur Folge haben könnten. Respekt vor dem Wunder der Schöpfung Gottes ist geboten, aus dem Respekt im Umgang mit dieser resultieren soll. Zur Tierwelt  heißt es etwa: „Es gibt kein Getier auf Erden und keinen Vogel, der auf seinen zwei Schwingen dahinfliegt, die nicht Gemeinschaften wären so wie ihr.“ (6:38)Umweltzerstörung als Konsequenz menschlicher Gier nach maximaler Ausbeutung wird in 20:41 angesprochen: „In Erscheinung getreten ist Unheil zu Land und Meer als Folge dessen, was die Menschen anrichteten, damit Er sie einiges von ihrem (Fehl)verhalten spüren ließe, auf dass sie umkehren.“

 

Damit ist die Bedeutung des Umweltschutzgedankens im Islam in der Betonung menschlicher Verantwortung für den Erhalt der Schöpfung als essentieller Bestandteil des Islam festgelegt. Wesentlich ergänzt wird die Formulierung dieses Auftrags durch sehr deutliche Empfehlungen für die Praxis. Hier finden sich besonders viele Hinweise in der Sunna, der Überlieferung über die vorbildliche Lebensweise des Propheten Muhammad. 

 

Besonders verbreitet ist ein Ausspruch, der seine Einstellung dem Leben gegenüber wiedergibt: Selbst wenn der jüngste Tag angebrochen wäre und man trüge einen jungen Schößling in der Hand, so sollte dieser noch gepflanzt werden. Denn es gilt, dass man für das Diesseits leben möge, als dauere das Leben ewig und für das Jenseits, als ob man den darauf folgenden Tag sterben müsste. Wer solchermaßen sein Leben gestaltet, vergegenwärtigt sich ständig, dass über alle Taten einmal Rechenschaft abzulegen ist. Gleichzeitig aber kann die nötige Balance zwischen dem Bedürfnis nach Verwendung natürlicher Ressourcen und dem Gedanken des nachhaltigen Wirtschaftens im Hinblick auf zukünftige Generationen eingehalten werden. In der Landwirtschaft verdeutlicht sich besonders, welchen Rang das Kultivieren und sinnvolle Nutzen von Flächen hat. Hier wird das Allgemeinwohl angesprochen, da durch die Pflege und das Hervorbringen von Früchten gesellschaftliche Vorteile entstehen. Hier soll nicht voller Gier alles selbst aufgebraucht oder gehortet werden, sondern ist anderen vom Ertrag abzugeben. Das Urbarmachen gilt als eine dermaßen verdienstvolle Tat, dass damit eine Art Rechtsanspruch auf die Nutzung des Landes im islamischen Verständnis begründet werden kann.

 

Um das Wasser kreisen besonders zahlreiche Aussagen. Sparsamkeit im Umgang wird empfohlen. Etwa ist es verpönt bei der Gebetswaschung unnötig Wasser rinnen zu lassen. Es bestehen Regelungen zum Gewässerschutz. Wasser wird als ein so wichtiges Gut betrachtet, dass ein Grundrecht des Menschen darauf besteht. Trinkwasser soll darum allgemein zugänglich sein, kann nicht zu einem Privateigentum mutieren. Im Bereich der frommen Stiftungen, die testamentarisch von Gläubigen verfügt werden, ist besonders das Schlagen eines Brunnens beliebt, um für die Nachwelt eine andauernde gute Tat zu setzen. In vielen islamischen Ländern gehören diese Wasserstellen zum Straßenbild dazu, erfrischen den Durstigen und bitten um ein kurzes Gebet für den Verstorbenen. Wasser darf nicht mutwillig verschmutzt werden. Ausdrücklich ist auch für den Kriegsfall die Taktik verboten, Brunnen für den Gegner unbrauchbar zu machen.

 

Das Gebot des „Maßhaltens“ konkretisiert sich rund um das Thema der Nahrung. Ein Ausspruch des Propheten Muhammad besagt: „In den Augen Allahs ist das beste Nahrungsmittel das, das von vielen gegessen wird.“ Abgeleitet davon wird die Empfehlung Getreide den Vorzug zu geben. Wie es auch sprichwörtlich heißt: „In drei Dingen liegt ein Segen: in einem frühen Frühstück, im Brot und in der Suppe.“ Oder: „Einige Bissen genügen für den Sohn Adams, um seinen Rücken aufrecht zu halten. Reicht ihm das nicht aus, so soll ein Drittel des Magens für sein Essen, ein Drittel für sein Trinken und ein Drittel für sein freies Atmen vorbehalten sein.“ Dies heißt aber keinesfalls, dass der Mensch im Islam zur Askese angehalten wäre. Ausdrücklich ist die Freude am Diesseits und dessen Gaben ja erlaubt und erwünscht, wozu gutes Essen auch zählt. Verwirklicht werden soll der im Islam empfohlene „Weg der Mitte“, hier zwischen Genuss und Gesundheitsbewusstsein, zwischen Konsum und Bewusstheit für größere wirtschaftliche Zusammenhänge, die nicht zum Schaden der Umwelt, seien es Mitmenschen oder Natur gereichen dürfen.

 

„Sauberkeit ist ein Teil vom Glauben“, lernen schon die muslimischen Kinder. Diese Reinlichkeit bezieht sich selbstverständlich nicht nur auf die eigene innerliche, wie äußerliche Sauberkeit, sondern gilt als Auftrag, aktiv für eine saubere Umwelt einzutreten.

 

Dieser theologische Hintergrund rund um das Thema „Umwelt“ interessiert in Österreich auch aufgrund der muslimischen Minderheit, die mit 4,2% der Gesamtbevölkerung laut Volkszählung von 2001 inzwischen um die 350.000 Personen ausmacht. Welche Einstellungen hier zu erwarten sind, ist im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen im Bereich der Landwirtschaft und des Umweltgedankens von Bedeutung. Wie zentral das Thema für den Islam ist, steht außer Zweifel. Umso wichtiger ist es, dass sich Muslime hier auch stärker einbringen. Schließlich zeichnen sich höchst moderne Fragestellungen ab, die auch seitens der Muslime aufgegriffen werden sollen. Diese Forderung stellte zuletzt die erste österreichische Imame-Konferenz im April des Jahres auf, die in ihrem Abschlusspapier den Einsatz für den Umweltschutz festlegte. In Artikel 16 heißt es wörtlich: „Die österreichische Imame-Konferenz betrachtet den Umweltschutz und den fürsorglichen Umgang mit Tieren und Pflanzen als gute Taten, zu denen man sich gegenseitig anspornen soll.“

 

Angesichts der heutigen Herausforderungen und Problemstellungen im Umweltschutz, global, Stichwort Klimaerwärmung, wie national, Stichwort Erhaltung von Kulturlandschaften und Artenvielfalt, die die Einhaltung ethischer Standards immer dringlicher scheinen lassen, könnten die Muslime in Österreich etwas leisten, wovon oft nur theoretisch gesprochen wird: als eine Bereicherung für den Diskurs wirken.

 

Dazu wird es freilich auch nötig sein, innermuslimisch für noch mehr Bewusstheit zu werben. So wie im allgemeinen Empfinden die Hintergründe der Nahrungsmittelgewinnung oft verdrängt werden, besteht auch bei der Gruppe der Muslime mehr Informationsbedarf. Rein theoretisch müssten sich in der Zielgruppe der Muslime begeisterte Abnehmer hochwertiger heimischer Produkte finden, da sie gewissen vom Islam begrüßten Standards entsprechen: Artgerechte Tierhaltung, Einhaltung biologischer Richtlinien, Frische durch Vermeidung endloser und umweltfeindlicher Transportwege, klare Deklaration der Inhaltsstoffe, was wegen der Speisegebote (kein Schwein und Produkte wie Gelatine daraus, kein Blut, nichts Verendetes, kein Alkohol) wichtig ist. Praktisch aber zählt bei der bisher als wenig kaufkräftig eingestuften muslimischen Bevölkerung oft vor allem das Argument des Preises. Statt des Griffes zu Eiern aus Freilandhaltung wird das viel billigere Produkt aus Käfighaltung erworben. Noch relativ klein scheint jene Gruppe gebildeter und kritischer Muslime, die es genauer wissen will. Dann wird nicht nur das islamisch geschlachtete Rind verlangt, sondern auch darauf geachtet, dass dieses frei von Tiermehl ernährt wurde, so wie Wiederkäuer im Islam keine tierische Nahrung erhalten sollen. Hier ist schlicht mehr Aufklärung nötig, denn dass Muslime, was ihre Speisegebote betrifft, sehr genau sind, zeigte sich jüngst bei der großen Bedeutung, die dem neuen bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz mit den darin enthaltenen Bestimmungen hinsichtlich des Schächtens beigemessen wurde. Mit großer Erleichterung nahm man auf, dass in Österreich auch weiterhin garantiert ist, dass Juden und Muslime wie bisher Bedingungen vorfinden, die ihnen die Einhaltung ihrer religiösen Reinheitsbestimmungen beim Fleischgewinn erlauben. 

 

Hier traten Muslime auch als Wirtschaftsfaktor, als Konsumenten direkt in Erscheinung. Denn die Zahlen, die sich mit dem halal-Fleischkonsum verbinden, sind von wachsender Bedeutung. Heimischen Viehbauern bleiben hiesige muslimische Fleischhauer als Kunden erhalten, da diese nicht auf Importware angewiesen sind. Zuletzt trat eine weitere für den heimischen Markt erfreuliche Entwicklung auf, indem ein zunehmendes Auslandsinteresse aus der islamischen Welt an Rind- und Lammfleisch aus Österreich zu verzeichnen ist. Verträge mit den Emiraten und Indonesien wurden unterzeichnet. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich als offizielle Vertretung der Muslime nimmt die halal-Zertifizierung vor und arbeitet eng mit dem Gesundheitsministerium zusammen, das für die Durchführung der Bestimmungen aus dem Tierschutzgesetz zuständig ist. Auch Kontakte zur AMA und zur Wirtschaftskammer sind wichtig zu erwähnen. 

 

Heimische Landwirte können mit den muslimischen Konsumenten weitere Absatzmöglichkeiten erschließen. Wo möglich, sind Muslime gerne Käufer „ab Hof“, auch weil sie hier Produkte finden, die sie sonst im Supermarkt vermissen. Es scheint, dass einige Bauern diese Wünsche bereits zu berücksichtigen wissen und entsprechende Produkte auch an Wiederverkäufer liefern. Genannt seien spezielle Kräuter, Koriander, Pfefferminz, oder weiße Rüben zum Einlegen, helle Zucchinisorten, die sich leichter für orientalische Spezialitäten aushöhlen lassen, knackige kleine Gurken, sehr klein gewachsene Melanzani, die pikant eingelegt werden oder sogar kandiert werden. Kulinarische Vorlieben eröffnen hier neue Märkte.

 

Muslime sind aber auch zunehmend ein Faktor im Tourismusbereich. Österreich genießt einen ausgezeichneten Ruf in der islamischen Welt. Sympathiewerte resultieren nicht nur aus dem Image einer sauberen Bergwelt, sondern rühren aus der Politik der Kreiskyära her. Aber auch für Muslime im Land wird der Urlaub „zu Hause“ zunehmend interessant. Die Jugend geht begeistert Skifahren. Dass sich die Tourismusbranche auf diesen Besucherkreis einzustellen beginnt, zeigt sich für uns daran, dass wir an Tourismusschulen immer wieder speziell zum Umgang mit muslimischen Kunden zu referieren eingeladen werden. 

 

Muslime in Österreich werden, obwohl sie zu einem großen Anteil ursprünglich aus ländlichen Regionen ihrer Ursprungsländer hierher kamen, wenig bis gar nicht mit der Landwirtschaft in Verbindung gebracht. Muslime leben auch stärker in städtischen Ballungszentren oder Industriegebieten. Das Bild der österreichischen Landbevölkerung ist wiederum stark von Assoziationen zum Katholizismus geprägt. Einerseits kann durchaus eine langfristige Strategie darin liegen, Muslime bewusst dafür zu interessieren, sich in von Verödung bedrohten Regionen anzusiedeln und so den Erhalt wichtiger Kulturflächen zu garantieren. Andererseits wäre wichtig, den Dialog für besseres gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz zu fördern, um Spannungen auszuschließen. Dass mangelndes Wissen und bestehende Vorurteile rasch ausgenutzt werden können, um auf dem Rücken einer Minderheit zu polemisieren, ist hinlänglich bekannt. 

 

Hier bestehen bereits gewisse Ansätze, die als „best practice“ zur Nachahmung anregen. Gemeinsamkeiten der Religionen gerade in Fragen des Umweltschutzes und der Verantwortung des Menschen für den Erhalt der Schöpfung gilt es herauszuarbeiten. Dazu bieten sich anlassbezogene Begegnungen und Feste an. An etlichen Schulen ist es in den Herbstwochen und der Erntezeit üblich geworden, Muslime bei der Gestaltung von Feiern zu diesem Anlass mit dem Wunsch nach einem Beitrag einzubinden, der den eigenen Hintergrund widerspiegelt. Sehr stimmungsvoll war auch ein Herbstfest evangelischer Frauen in Wien, die dazu Musliminnen eingeladen hatten.

 

Erwähnenswert ist auch die Initiative einer Gemeinde, die bei der Gestaltung eines mit Kunstwerken gestalteten Spazierweges dazu Beiträge der Weltreligionen einholte. So wurde  auch die Arbeit eines muslimischen Künstlers integriert. Bei der Landschaftsgestaltung sind solche Initiativen nicht zu unterschätzen, regen sie doch in vielfältiger Weise zur eigenen Auseinandersetzung an und helfen mit, zu emotionsgeladenen Begriffen wie „Heimat“ und „Identität“ kreative Beiträge zu leisten.

 

„Integration durch Partizipation“, diese Leitlinie der Islamischen Glaubensgemeinschaft gilt natürlich auch für den großen Bereich des Umweltschutzes und der verantwortungsvollen Pflege und Erhaltung natürlicher Ressourcen. Hier liegen noch große Entwicklungsmöglichkeiten.

 

 

 

Wien, am 27. September 2005